L e b e n s u m w e g e  -  E r f u r t

Die Selbsthilfegruppe für an Depressionen erkrankte Menschen und ihre Angehörigen

... ein neuer Begriff in der Psychologie und ein Zustand, der noch häufiger als BurnOut und als verheerende Vorstufe für diesen anzusehen ist.

Häufiger als BurnOut: "BurnOn" als Dauerzustand

Das Hamsterrad unseres Lebens führt uns Nirgendwohin!
Doch leider sind wir nur all zu oft so darin gefangen, dass wir den immer stärker werdenden Dauerzustand der Erschöpfung gar nicht mehr bemerken.

"BurnOn" nennen Psychologen diesen neuen Begriff aus der Psychologie, der den verheerenden Dauerzustand einer Erschöpfung - der dem BurnOut vorausgeht - beschreibt.
Er bezeichnet, das immer weiter „To-Burn“ sein, das "immer-weiter-Brennen“, das „immer-weiter-Gehen“, immer „on and on and on“, sein.
Ich kann noch, es geht noch, …“ und teilweise haben Betroffene sogar noch Spaß an ihrer Arbeit, aber sie finden keine Ruhe mehr und es geht immer noch weiter, und weiter, und weiter.

Die eigentliche Vorstufe für den Burnout – der Jahre braucht bis er entsteht – fasst das verursachende Vorgeschehen mit dem Begriff: „BurnOn“ treffend zusammen.

Der Begriff stammt aus einem 2022 erschienenen Buch mit dem Titel:
"Burn On: Immer kurz vorm Burn Out: Das unerkannte Leiden und was dagegen hilft | Verdeckte Depressionen erkennen, behandeln und loswerden" von Bert te Wildt (Autor), Timo Schiele (Autor)
  • Herausgeber ‏: Droemer TB; 2. Edition (3. April 2023)
  • Sprache: Deutsch
  • Taschenbuch: 304 Seiten
  • ISBN-10: 3426302799
  • ISBN-13: 978-3426302798
  • Abmessungen: 12.5 x 2.27 x 19 cm

Der "BurnOn" ist also eine verschleppte, ignorierte und nur all zu oft überspielte Dauer-Erschöpfungserkrankung.
Kein BurnOut kommt von heute auf Morgen zustande oder überfällt uns wie eine Krankheit, sondern baut sich oft über Jahre auf. Er hat seine Ursachen z.B. in oft viel zu langer Arbeit, keinerlei Pausen und in einem "immer-weiter-und-weiter-machen".

Die freche Formulierung: „Auch ein Hamsterrad sieht von innen aus wie eine Kariere- Leiter“! beschreibt, dass der Hamster in seinem Hamsterrad nie ankommt, obwohl er immer weiter macht, läuft, rennt und rennt.
Auf uns bezogen heißt das, wir sind dadurch permanent erschöpft!

Die amerikanische Forscherin und Dozentin: „Brené Brown*“ sagt: „Wir müssen uns von Erschöpfung als Staussymbol und Beschäftig-Sein als Ausdruck des Selbstwertgefühles befreien!
Dieser Aussage zeigt auf, dass wir uns oft sogar noch mit Stress brüsten:

  • „ich bin hier der, der am härtesten arbeitet"
  • „ich gehe nicht nach Hause bevor die Arbeit getan ist“
  • „ich bin den ganzen Tag auf Arbeit“
  • „ich bin wichtig/geschäftig/zuverlässig/unersetzbar"
  • „wer soll das machen wenn nicht ich“

Die Formulierung „ich bin so im Stress!“ ist so geläufig und gängig, das es komisch vorkommt, wenn jemand sagen würde: „Ich nicht!“.
Aber genau das wäre so wichtig!
Erschöpfung ist ein sehr zweifelhaftes und krankmachendes Statussymbol geworden, wobei diese freche Formulierung (leider) absolut zutreffend ist.

Woran aber merken wir, dass wir schon mittendrin stecken, bereits voll im BurnOn, im „immer-weiter“, „das-schaffe-ich-schon-noch“- Modus sind?

Deutliche Merkmale und Warnzeichen sind z.B.

  • Beziehungsverluste – „Wo sind eigentlich meine Freunde“?
  • „Wann habe ich sie eigentlich zuletzt gesehen“?
  • „Wie oft kommen sie in meinem An-Sie-Denken überhaupt noch vor"?
  • „Wann habe ich eigentlich das letzte Mal einfach nur Nichts getan“?
  • „Welche Bereiche meines Körpers / meines Lebens kommen eigentlich nicht mehr vor“?

auch die Wahrnehmung, dass ich permanent nur noch müde bin, ist ein deutliches Zeichen.

Wenn uns dann dämmert, dass es so nicht mehr schön ist, Lebensqualität immer mehr verloren geht, beginnen wir, unsere Situation zu erkennen.
Wir begreifen, dass es so nicht mehr weitergehen kann und sich wirklich dringend etwas ändern muss.
Diese Selbsterkenntnis der eigenen Betroffenheitssituation – das es bei mir tatsächlich so ist und das Verständnis dafür, dass es so nicht weitergehen kann und ich Hilfe benötige – ist die grundlegende Vorraussetzung dafür, selbst erste Schritte zu gehen.
Auch der Indikator, das ich nur noch müde bin, ist ein Zeichen, dass ich mittendrin im BurnOn bin, obwohl mir meine Arbeit noch Spaß macht, ich immer noch gut darin bin und genau das der Teil ist, der mich immer noch weiter machen / „brennen“ lässt.
Die Müdigkeit und Erschöpfung sind eindeutige und klare Zeichen, das es längst zuviel ist!

Doch wie kommt man heraus aus dem „immer weiter, geht schon noch, das noch und das noch, und das noch" … wieder heraus?

Brene’ Brown* sagt: „Heraus komme ich, indem ich Entspannung und Spiel kultiviere“, was absolut treffend und lösungsorientiert ausgedrückt ist.

*Brené Brown, geboren am 18. November 1965 in San Antonio, ist eine US-amerikanische Autorin psycholo-gischer Schriften zur Lebensführung.

Tatsächlich gelingt das aber nur, wenn man anfängt, wieder nach Gesundheit und Lebensfreude zu schauen, sich wieder rückbesinnt und ernsthaft darauf konzentriert und sich selbst einmal ehrlich fragt: „wie gesund bin ich eigentlich, wie viel Lebensfreude habe ich wirklich noch"?

Ganz wichtig dabei ist, dass – wenn man anfängt, Joga, autogenes Training oder andere Entspannungstechniken zu erlernen, diese aber NUR deswegen betreibt, um das auszuhalten, was nicht auszuhalten ist – man weiter in derselben Falle gefangen bleibt.

Ich muss also unbedingt aus meinen Gewohnheiten – aus dem Hamsterrad – heraus, was erst einmal reichlich Anstrengung und Kraft kostet.
Das Hamsterrad war mir vertraut, gab mir Sicherheit und ich musste weder links noch rechts schauen, immer nur geradeaus laufen, laufen und laufen.
Jetzt betrete ich „unbekanntes Terrain“, muss lernen, nicht mehr alles immer nur selbst zu übernehmen, zu delegieren, Hilfe(n) in Anspruch zu nehmen, mich von gewohnten Handlungs-mustern – „ich mache es selbst, dann weiß ich auch, dass es klappt“ – verabschieden, oder diese umorganisieren.
Ich muss lernen, wieder deutlich mehr den Blick auf mich selbst zu richten!

Das sind die ersten, unerlässlich notwendigen und ganz wichtigen Schritte.
Vor aller Veränderung steht aber natürlich die Erkenntnis und Bereitschaft anzuerkennen: „Okay! Es wird (oder ist) mir (längst) zuviel“!, was für mich selbst oft einen riesigen Schritt darstellt.
Dabei ist die immer mehr zunehmende Sehnsucht nach, ich will:

  • nicht mehr immer nur total müde sein
  • mich wieder fit fühlen
  • morgens wieder ausgeschlafen und wirklich erholt aufstehen
  • mit dem Gefühl aufwachen, dass ich genug geruht habe
  • das – so wie es ist – nicht mehr haben
  • ich will meine Lebensfreude und mein Glücksgefühl zurück
ein wichtiger und hilfreicher Motivator.

Am Wichtigsten aber ist und bleibt die Erkenntnis, dass ich für mich etwas ver-ändern muss!
Damit vollziehe ich den 1. grundlegend notwendigen Schritt um einen Verände-rungsprozess überhaupt beginnen zu können.

Viele wissen in ihrem Inneren, das sie da (aus dem Hamsterrad) etwas „heraushauen“ muss.
„Herzinfarkt oder Autounfall“? – wäre eine provokante Frage nach dem, was noch kommen soll, um die Situation noch mehr zu verdeutlichen und den Anstoß zur dringend notwendigen Veränderung endlich einzuleiten.
Dabei ist es sehr traurig, dass oft erst ein traumatisches Ereignis stattfinden muss, um einen „da rauszuhauen“, damit sich endlich etwas verändert.
In Folge – dann mit der oft lange andauernden Zwangspause in Krankenhaus- und Reha- Aufenthalten – wird nun endlich ein Veränderungsprozess angestoßen und auf den Weg gebracht.
Dabei ist es aber sehr schade, dass es diesen „Zwang“ erst geben musste, obwohl man sicher selber längst die Zeichen erkannt bzw. diese bewusst immer weiter und lange ignoriert hat, in alten Handlungsmustern gefangen blieb und „brannte“ und „brannte“ --- immer mehr AUS.

Es wäre so viel besser, wenn man selbst den „Schnitt“ macht, die Änderung / „Pause“ selber herbei führt und sich selber eingesteht: „Ja, ich habe die Zeichen erkannt und verstanden!
Ich mache es jetzt anders, lebe achtsamer, wertschätzende und liebevoller mit mir selbst, kehre zurück in ruhigere Fahrwasser, lebe langsamer und organisiere Dinge um oder gänzlich neu.
Ich rücke mich mir selbst wieder in meinen Fokus, nehme die Signale meines Körpers wieder bewusst wahr und reagiere adäquat darauf
", z.B. mit:

  • Entspannung
  • Sport
  • Gartenarbeit
  • Spazierengehen
  • Wandern
  • Meditation
  • Freundschaften aktiv wieder neu beleben und pflegen
  • Freunde wieder be-/aufsuchen
  • vernachlässigte Kontakte/Beziehungen wieder bewusst reaktivieren
  • neue Kontakte und Beziehungen knüpfen“

Wie aber schafft man diese „Zäsur“ (eine einschneidende Veränderung) im eigenen Leben; Kann Aufschreiben eine Hilfe sein?

Freilich beginnt alles mit Anerkenntnis und Akzeptanz dessen, was eigentlich wirklich mit mir los ist.
Unbedingt aber braucht es das „es-sich-selbst-Bewusst-machen“ sowie einem festen Veränderungswillen und aktiven, ersten Handlungen.
Dabei hilft es sehr, sich tatsächlich einmal aufzuschreiben, was im eigenen Leben nicht mehr in Ordnung ist, was mir fehlt / was ich vernachlässigt und verloren habe, was im „Dauerbrennen“ untergegangen ist, was ich vermisse und wiederhaben will.
Wonach sehne ich mich – eine Frage – die oft auch schmerzlich ist?

Ein passendes Zitat hierzu stammt von Albert Schweizer:
Der moderne Mensch wird in einem Tätigkeitstaumel gehalten, damit er nicht zum Nachdenken über den Sinn seines Lebens und der Welt kommt“.

Das „immer-beschäftig-sein“ hilft mir tatsächlich, nicht ständig über mein Leben nachdenken zu müssen und erspart mir somit auch manche schmerzlichen Erkenntnisse, die auch weh tun und mich belasten könnten, wie z.B.:

  • ich bin inzwischen ganz allein
  • falle nach der Arbeit nur noch erschöpft ins Bett
  • mein soziales Umfeld ist immer mehr weggebrochen
  • in meiner Partnerbeziehung kriselt es oder sie ist bereits zerbrochen
  • ich LEBE eigentlich nicht mehr, ich folge nur noch eingefahrenen Handlungsschemen
  • ich frage mich nicht mehr, wonach ich mich sehne, weil mir das unangenehm / schmerzhaft ist

Aber gerade die Auseinandersetzung mit diesen Dingen hilft mir, den Schnitt / Break in meinem Leben herbei zu führen, mich im Erkennen und Begreifen meiner tatsächlichen Situation wieder auf mich selbst und meine innersten Bedürfnisse zu besinnen.
Genau das lässt mich erkennen, was mir eigentlich alles fehlt und verloren gegangen ist.

An dieser Stelle MUSS ich mich aufrappeln und mich dringend auf den Weg einer umfassenden Lebensveränderung machen, um nicht – dann in logischer Folge – in einen oft über Jahre andauernden Prozess eines sehr schweren BurnOut- zu geraten.

Leider braucht es – um aus diesen wieder heraus zu kommen – wieder Monate und Jahre und somit verbraucht dieser Kampf unsere so wertvolle Lebenszeit.
Im Weiteren werde ich oft für meinen Beruf berufsunfähig, kann nicht wieder dahin zurück und mein berufsspezifisches Wissen – was ich mir oft mit viel Fleiß, Mühe und in Jahren angeeignet habe – nicht mehr verwenden.
Grund dafür ist der Rückfall in alte Verhaltenmuster / eingefahrene Gleise, die mich dann wieder in den „alten Trott“ verfallen und meinen Burnout erneut zustande kommen lassen.
Aus diesen Zusammenhängen heraus erzwingen sich in den meisten Fällen Umschulungen, Berufs-/Tätigkeitswechsel und manchmal leider auch die Anerkenntnis einer gänzlichen Berufs-unfähigkeit.

Hier kann ich nur selbst einmal Innehalten, mich entscheiden ob ich „die Bremse ziehe“ und damit viel Schlimmeres ausbremse und verhindere.
Nur ich selbst kann an dieser Stelle entscheiden, ob ich die kurze, schmerzhafte Phase eines Veränderungsprozesses aktiv einleite, oder aber weiter „brenne“ bis ich endgültig ausgebrannt und arbeitsunfähig bin und mich – wenn dann überhaupt noch möglich – viel mühevoller wieder zurück in (m)ein Leben kämpfen muss.

Nur all zu oft ist die eigene Wahrnehmung dieser Situation längst schon da, wenn auch oft nur in eher subtilen Begleitumständen

  • mir geht die Lebensfreude aus
  • ich bin Dauererschöpft und müde
  • ich bin immer interessenloser
  • vernachlässige meine Hobbys oder habe sie ganz aufgegeben
  • ich „funktioniere“ nur noch
  • die Arbeit macht mir eigentlich noch Spaß, aber alles andere fehlt

Freilich könnte man selber schon mit kleinen Schritten anfangen, wie z.B. sich selber zu verpflichten feste Arbeitszeiten einzuhalten – besonders im Homeoffice- Bereich oder bei beruflichen Tätigkeiten im häuslichen Umfeld (Arbeits- Vor- und Nachbereitung, Korrespondenzen, Projektarbeiten usw.), aber oft gelingt das nicht.
Auch die Einhaltung regelmäßiger Pausen – wer schreibt sich denn schon „Pause von… bis …“ in seinen Terminkalender – ist eine Notwendigkeit, um bei und mit mir selber anzufangen.
Beispielsweise verordnen schwedischen Firmen ihren Mitarbeiter/Innen sogar, dass sie Pausen machen müssen, einige deutsche Firmen inzwischen auch.

Da der Mensch nicht dafür gemacht ist, permanent zu rennen / zu arbeiten / zu „brennen“ ist es unumgänglich notwendig, diesem Sachverhalt Rechnung zu tragen und falsch eingefahrene Gleise auch unbedingt wieder zu verlassen.

Oft hilft es, dann den Weg der kleinen Schritte zu verfolgen!
„Wehret den Anfängen“ – ist ein guter Weg und freiwilliger Anfang, um der großen Lebenskrise vorzubeugen und die sehr kräftezehrende Zwangs- Lebensveränderung vermeiden zu können.
Die wichtigsten Schritte dabei sind:

  1. ich werde mir über meine Situation klar
  2. ich möchte etwas verändern
  3. ich fange wirklich klein aber konsequent in nur in einem Lebensbereich an
  4. ich fange bei den Dingen an, die sich einfach verändern lassen
  5. ich darf mir nicht zuviel vornehmen, denn dazu reicht meine Kraft nicht aus
  6. ich gebe mir eine 1. kleine Selbstverpflichtung, die regelmäßige Einhaltung von Pausen
  7. Infolge dessen spüre ich erste Lebensveränderungen

Wie es ist für mich

  • einmal Nichts mehr vorzuhaben
  • die Stille auszuhalten 
– wobei mir das auch erst einmal ziemlich schwerfallen kann und ich bemerke, was mir da vielleicht wieder / neu begegnen kann, was für Erkenntnisse mir das bringt und wo ich wieder hin will.

Auch wenn das nicht einfach wird – da oft verdrängt Dinge wieder hochkommen - ist dies ein gesunder / gesund machender, notwendiger und unumgänglicher (Heilungs-) Prozess.
Bleibt man „da dran“, VERMEIDET man fast immer den BurnOut, man holt sich verlorene Lebensfreude und Qualität zurück, stabilisiert seine Gesundheit und Arbeitsfähigkeit deutlich.

Am Ende eines solchen grundlegenden Lebens- Veränderungsprozesses sollte dann wirklich der Widergewinn von Lebensfreude und Lebensglück, Gesundheit und echter Erholung stehen.

Quelle: Interview mit Anette Frankenberger - geboren: 1964, systemische Paar- und Familientherapeutin (DGSF), Supervisorin und STEP-Trainerin (Systematisches Training für Eltern) – seit 1994 in eigener Praxis in München. 
Von mir - Olaf Lindenlaub zusammengefasste, inhaltliche Wiedergabe
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