Angst ist ein Gefühl wie Freude, Trauer oder Zorn das jeder Mensch kennt und schon einmal erlebt hat. Sie ist nicht grundsätzlich schlecht, sondern eine biologisch sinnvolle Reaktion mit hohem Überlebenswert.
Angst als ursprünglich gesunde Schutzfunktion bei drohenden Gefahren wird immer dann problematisch, wenn sie überhand nimmt, zu häufig auftritt, unverhältnismäßig stark ist oder zu lange andauert und damit zu einem starken Leiden führt, welches das Leben unangemessen beeinträchtigt. Dann verliert die Angst diese sinnvolle Schutzfunktion und wird damit zur Krankheit, die einer Behandlung bedarf.
Irgendwann beginnen sich fast alle Überlegungen und Handlungen um die Angst zu drehen, dann werden angstbesetzte Situationen – wie etwa Menschenmengen immer mehr gemieden – was für eine Angsterkrankung spricht.
Wenn die Symptome das Leben des Betroffenen erheblich und immer häufiger massiv beeinflussen und er belastende Situationen nicht mehr aus eigener Kraft bewältigen kann, macht sich fachärztliche Klärung und professionelle Hilfe erforderlich.
Die Angst befällt Betroffene immer wieder schleichend, ohne jeglichen Anlass und ist in vielen Fällen gar nicht auf bestimmte Situationen oder Dinge fixiert.
Die Angsterkrankung findet viele vorstellbare Gründe für ein mögliches Schreckensszenario, wie z.B.: eine mögliche Erkrankung, finanziellen Ruin, Autounfall oder andere Unglücke, wovon es ja unzählige geben könnte.
Somit wird das alltägliche Leben durch eigentlich unbegründeten Sorgen immer mehr belastet und zur permanenten Bedrohung.
Es beginnen sich ständigen Unruhe und Nervosität sowie vielfach auch Schlafstörungen, Schwindel und / oder Beklemmungen einzustellen.
Darunter leiden dann auch die Leistungsfähigkeit und die Qualität von Beziehungen.
In diesen Fällen sprechen Expert*innen von einer „Generalisierten Angststörung“, unter der laut Schätzung 5% aller Menschen – vorwiegend im mittleren Alter - leiden.
Von einer Phobie spricht der Experte dann, wenn sich die Ängste auf bestimmte
Situationen:
- vor engen Räumen (Klaustrophobie)
- vor Höhe (Bathophobie)
- vor dem Zahnarzt (Dentalphobie)
- vor dem Fliegen (Aviophobie)
- vor Vögeln (Ornithophobie)
Objekte:
- auf Spinnen (Arachnophobie)
- oder Hunde (Kynophobie)
- Angst oder der Ekel vor einer Anhäufung unregelmäßig angeordneter Löcher, Risse, Beulen oder Dellen (Trypophobie - Bisher ist Trypophobie keine anerkannte medizinische Diagnose)
sogar auf die Angst selbst:
- die Angst vor der Angst (Phobophobie)
auch bezüglich der Interaktion mit anderen Menschen:
- Treffen mit anderen Menschen und/oder unbekannten/fremden Personen (soziale Phobie)
konzentrieren
Oft verbinden sich Symptome wie Schweißausbrüchen, Übelkeit, Schwindel, Herzrasen und Atemnot dann häufig mit regelrechten Angstattacken.
Aus solchen Angstgefühlen und daraus folgenden Angstattacken entstehen oft regelrechte Panikattacken, die vom Arzt auch als Panikstörung bezeichnet werden.
Die Ursachen für Angststörungen sind vielfältig
In der Regel führt das Zusammenspiel diverser biologischer und psychologischer Faktoren zu einer Angsterkrankung / -Störung.
Laut Expertenvermutungen, sind besonders oft Menschen mit einem geringen Selbstwertgefühl betroffen. Aber auch hinter mancher Depression verbirgt sich eine nicht erkannte Angststörung.
Aufgrund dessen, das diese Problematik noch weitgehend unerforscht ist, sind die genauen Auslöser im Einzelnen noch nicht bekannt.
Laut einer zum Thema durchgeführten Studie des Max-Planck-Instituts in München leiden 13 - 14% Prozent aller Deutschen unter ernsthaften Angsterkrankungen und machen somit Millionen Menschen das Leben schwer, wobei Frauen doppelt so häufig betroffen sind wie Männer.
Konnten organische Ursachen wie z.B. Herzleiden oder Atemwegserkrankungen ausgeschlossen werden, sind Fachärzte für Psychiatrie, Psychosomatische Medizin oder Psychotherapeuten als Experten für seelische Störungen die richtigen Ansprechpartner.
Professionelle Hilfe bieten auch auf Angsterkrankungen spezialisierte Fachkliniken an.
Wichtig ist eine schnelle Diagnose, um im Falle einer Erkrankung so früh wie möglich mit einer Behandlung beginnen zu können, womit sich die die Heilungschancen deutlich erhöhen.
Als die wichtigste Regel gilt, dass man niemals vor den Angst auslösenden Situationen flüchtet – was oft einfacher gesagt als getan ist.
- Wer vorm Fahrstuhlfahren „kneift“ und stattdessen die Treppe benutzt, um nicht im Supermarkt einkaufen zu müssen ...
- wer in ein kleines oft viel teueres Geschäft geht oder nach Hause bestellt weil im der Discounter zu groß ist ...
- wer mit dem Taxi fährt um die Busfahrt zu vermeiden um sich diesen Herausforderungen nicht stellen zu müssen
Wer sich aber stattdessen diesen ihm /ihr angstauslösenden Situationen aussetzt, beginnt die Angst abbauen.
Auch wenn das oft große Überwindung kostet, kann man damit die Angst und ein oft in vielen Jahren aufgebautes Vermeidungsverhalten wieder abbauen.
Wer unter einer generalisierten Angststörung leidet, sollten Dinge – wie z.B. Reisen – nicht vermeiden oder aufschieben. Bei sozialen Ängsten sollten Sie üben, Fremde anzusprechen, Reden zu halten, Ihrem Gegenüber in die Augen zu schauen oder sich im Streitgespräch durch-zusetzen.
Bei einer Panikstörung ist es besonders wichtig, dass man sich beim Auftreten sofort und immer wieder eindringlich klar macht, dass die Angstsymptome einer Panikattacke nicht zu irgendwelchen Folgen, wie Ohnmacht, Herzinfarkt usw. führen.
Zwei praktische Lebensbeispiele
Mit seiner Angststörung völlig unmöglich!
Doch Wolfram begann seinen Kampf langsam, mit Bedacht und nur mit kleinsten Schritten, fuhr (anfänglich mit Begleitung später ganz alleine) zuerst nur eine Station weit mit dem Stadtbus, dann bis zum nächsten Bahnhof mit dem Zug und vergrößerte Stück für Stück seinen Aktionsradius.
Nachdem er weite Strecken fahren konnte, nahm er einen Inlandsflug (in Begleitung seiner Frau) in Angriff und nahm auch diese Hürde.
Als er nach längerem Nichterscheinen dann in der Gruppe die Bilder seiner Dubai- Reise zeigen konnte, war das für ihn der Sieg über seine Angststörung.
Ein befreundeter Psychologe gab ihm den Rat: "Mach Dir im Vorfeld der Einkaufssituation – vor dem Geschäft noch im Auto – klar, das ausschließlich und uneingeschränkt DU der Herr der Situation bist und nicht die Situation Dich bestimmt.
Wenn Du also bemerkst, das sich eine Überforderung aufbaut, beende den Einkauf, indem Du den Waagen an der Info abgibst und einfach nur sagst, das es Dir nicht gut geht und Du nach draußen musst.
Das gibt Dir die Sicherheit, jederzeit die Regie behalten und aus einer Dich überfordernden Einkaufssituation ausbrechen / diese vorzeitig beenden zu können.
Außerdem musst Du Dir diese Option – ich muss nicht bis zum Schluss durchhalten, ich kann unterbrechen / beenden / fortsetzen oder auch erneut beginnen – grundsätzlich und immer offenhalten.
Diese Sicherheit wird Dich immer mehr befähigen, Deinen Einkauf komplett zu bewältigen und Dir auch in anderen Zusammenhängen Deine Sicherheit zurückgeben".
Inzwischen kann Olaf wieder seine Einkäufe erledigen, wobei er sich als „Unterstützung“ auch die Reduzierung der Einkaufshäufigkeit gewährt. Nun wird eben nicht mehr jede sondern erst jede zweite Woche eingekauft, was nur den Aufwand einer guten Planung kostet, aber ansonsten eine deutliche Erleichterung ist und seinen „Kampferfolg“ beim Einkaufen stabilisiert.
Klaustrophobie, Höhenangst und andere spezifische Phobien lassen sich ggf. auch ohne professionelle Hilfe in den Griff bekommen (u. a. z.B. durch den Besuch einer Selbsthilfegruppe)
Eine mit ausgeprägten Symptomen wie Herzrasen oder Zittern etc verbundene Panikstörungen braucht dagegen sehr oft eine therapeutische Behandlung.
Auf Basis einer ausführlichen Anamnese und Diagnostik sowie nach Art und Ausmaß der Beschwerden, können im Rahmen individuell erstellter Behandlungspläne Psychotherapie, Entspannungsangebote (wie etwa die Progressive Muskelrelaxation oder Autogenes Training) und Medikamente sehr gut helfen. Besonders erfolgversprechend gilt dabei die Therapieform der Verhaltenstherapie, womit erfahrungsgemäß rund 80% aller Betroffenen geholfen werden kann.
Auch wenn Medikamente zur Behandlung von Ängsten eingesetzt werden können, kehrt die Angst nach dem Absetzen der Medikamente meist schnell wieder zurück, wenn nicht gleichzeitig eine Psychotherapie stattfindet.
Denn nur in der Therapie lernen Betroffene, wie sie mit ihrer Angst anders umgehen können. Aufgrund dieses Zusammenhanges werden Medikamente meist in Ergänzung / Kombination zu einer Psychotherapie verschrieben.
Da Medikamente abhängig machen können, sollten Sie Ihren Arzt grundsätzlich darauf ansprechen, wenn er Ihnen eine Medikation verschreibt.
Um eine angstlösende und beruhigende Wirkung zu erreichen werden bei einer Angst-erkrankung meist Antidepressiva verschrieben.
Antidepressiva
Dabei haben sich am besten Antidepressiva aus der Gruppe der
und der
bewährt.
Diese zielen darauf ab, die Konzentration der Botenstoffe Serotonin und Noradrenalin im so genannten synaptischen Spalt zwischen den Nervenzellen zu erhöhen und so das Ungleichgewicht dieser Botenstoffe bei Angsterkrankungen wieder auszugleichen.
Die so genannten MAO- Hemmer – d.h. Medikamente aus der Gruppe der trizyklischen Antidepressiva – werden bei Ängsten seltener eingesetzt.
Obwohl Antidepressiva inzwischen sehr gut erforscht sind, können – meist in den ersten Wochen der Einnahme am stärksten und danach allmählich wieder nachlassend – Nebenwir-kungen auftreten.
Die häufigsten Nebenwirkungen bei SSRI- und SNRI- Antidepressiva (siehe oben) sind Magen-Darm- Beschwerden wie Übelkeit, Durchfall, Appetitlosigkeit, Erbrechen und / oder Schlaf- und sexuelle Funktionsstörungen.
SNRI- Antidepressiva können zu Beginn der Einnahme Kopfschmerzen, einem beschleunigten Herzschlag und zum Teil Unruhe verursachen.
Trotzdem werden die Nebenwirkungen bei SSRI- und SNRI- meist deutlich geringer als bei trizyklischen Antidepressiva eingeordnet, bei denen es neben den bisher genannten Nebenwirkungen auch zu Mundtrockenheit, Verstopfung, Veränderungen des Herzschlags, Schwindel, Müdigkeit und auch Gewichtszunahme kommen kann.
Da Benzodiazepine jedoch schnell zu Abhängigkeit führen, sollten sie nur wenn unbedingt notwendig und immer nur für kurze Zeit in genauer Absprache mit dem Arzt eingenommen werden.
Außerdem gilt es besonders zu beachten, dass Benzodiazepine nicht abrupt abgesetzt werden dürfen, sondern die Dosis schrittweise im Lauf mehrerer Wochen reduziert = „ausgeschlichen“ werden muss, da es ansonsten zu starken Entzugssymptomen wie Schlafstörungen, Unruhe, Angst und sogar zu epileptischen Anfällen kommen kann.
Bei starken Ängsten werden auch manchmal Betablocker verschrieben, die allerdings nicht direkt auf die Angst wirken, aber dazu führen, dass die Wirkung der Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin auf den Körper – insbesondere auf das Herz - verringert werden.
Herzrate und Blutdruck steigen dann Trotz Stress oder Angst weniger stark an, was dazu beiträgt, den Teufelskreis zwischen körperlichen Symptomen und Angst zu unterbrechen.
Obwohl Betablocker nicht zu Abhängigkeit führen, können sie Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Benommenheit, lebhafte Träume und niedergeschlagene Stimmung verursachen. Bei Asthma und bestimmten Herzerkrankungen sollten keine Betablocker eingenommen werden.
Hier bedarf es einer umfassenden Zusammenarbeit Ihres Hausarztes mit Fachärzten anderer, medizinischer Fachrichtungen - vor allem aus dem Bereich der psychischen, aber auch der physischen Erkrankungen.
Auch wenn die Bemühungen aufwendig erscheinen und Ihnen einiges abverlangen, lohnt sich der Aufwand in jedem Fall, bringt er Sie doch fundamental weiter in der Ursachenforschung für Ihre Angsterkrankung.
Sind die Ursachen erst einmal ausgemacht, gibt es vielfältige schul- aber auch alternativ-medizinische Behandlungsmöglichkeiten mit Aussicht auf gute, sehr gute und auch vollständige Heilung.
Wichtig ist und bleibt, sich die in Behandlungen / Therapien usw. neu erlernten Verhaltensmuster auch zu "verinnerlichen", sie dauerhaft als festen Verhaltens-standard zu etablieren und anzuwenden.
Wie Eingangs erwähnt sind nicht die Ängste das "verkehrte" im Leben eines an Angststörungen Leidenden, sondern deren krankhafte Übersteigerung.
Stellen Sie sich Ihren Ängsten, deren Bewertung (wenn nötig mit Hilfe von Fachleuten) um ein Zuviel wieder auf ein gesundes Maß "zurückdrehen" zu können.
Das dies möglich ist, haben unzählige Betroffene selbst erleben können und - inzwischen gibt es auch unzählige, gut funktionierende Hilfen und Hilfemöglichkeiten.
Es liegt zuerst einmal an Ihnen, den 1. Schritt zu tun, mit dem der Weg aus der Verzweiflung einer Angsterkrankung heraus zu kommen beginnt.
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